Tunnelübung am Freitag, den 27. Juni 2003
Im Zuge der allgemeinen und speziellen Gefahrenabwehrplanung hat der Leiter
der Feuerwehr Gernsbach eine Einsatzübung im Gernsbacher Tunnel geplant
und durchgeführt. Ziel der Übung war, den vorliegenden Alarm- und
Gefahrenabwehrplan zu überprüfen und ggf. den heutigen Gegebenheiten
anzupassen, Mängel Seitens der Planung, Technik und Einsatzmittel zu erkennen
und die Zusammenarbeit der einzelnen Organisationen bei Großschadenslagen
zu trainieren.
Objekt:
Der Tunnel Gernsbach führt seit dem 6. Oktober 1997 die Bundesstraße
B 462 von Rastatt nach Freudenstadt unter der Stadt Gernsbach hindurch. Das
Tunnel - Bauwerk hat eine Gesamtlänge von 1820 m, wobei das Kernstück
der 1527 m lange Tunnel ist. Der Tunnel wurde auf einer Strecke von 1230 m in
bergmännischer Bauweise ausgeführt, die restlichen 297 m in offener
Bauweise (nachträglich wieder überdeckt). Im Süden schließt
sich eine 173 m und im Norden eine 120 m lange Grundwasserwanne (Trogstrecke)
an. Hier kommt die Fahrbahn wieder auf das normale Straßenniveau. Der
Tunnel hat eine Firstüberdeckung von etwa 11 bis 30 m. Er liegt vollständig
im Grundwasser und ist daher als druckwasserhaltendes System ausgebildet.
Die Fahrbahnbreite im Tunnel beträgt 7,50 m. Auf jeder Seite ist ein
Notgehweg mit 1,00 m Breite. Etwa in den Drittelspunkten des Tunnels befinden
sich beidseitig Pannenbuchten. Im Bereich der südlichen Pannenbucht (ca.
760 m vom Tunnelportal Nord entfernt/Einfahrt in den Tunnel von Rastatt aus)
befindet sich ein Sicherheitstreppenraum, der über eine Schleuse erreichbar
ist. Der Sicherheitstreppenraum endet im Betriebsgebäude des Tunnels und
führt dann ins Freie.
Der Tunnel ist mit einer automatischen Brandmeldeanlage im Deckenbereich und
15 Druckknopfmeldern sowie 15 Notruftelefonen in Notrufnischen ausgerüstet.
In den Notrufnischen befinden sich je zwei Pulverlöscher und ein Hydrantenanschluss
für die Feuerwehr. Die Brandmeldeanlage läuft in der Feuerwache Gernsbach,
in der Feuerwehrleitstelle Rastatt und über ein digitales Leittechniksystem
im Polizeirevier Gaggenau auf. Im Polizeirevier Gaggenau kann über dieses
System der Tunnel mittels Videokameras überwacht werden. Ebenso ist dort
ersichtlich welche Brandmeldelinie ausgelöst hat. Die Zufahrtsbereiche
werden bei Auslösung der BMA über eine Ampelsteuerung gesperrt.
Im Betriebsgebäude befindet sich die Elektroversorgung und die Lüftungszentrale.
Beide Systeme sind notstromversorgt. Im Brandfall wird die Lüftung automatisch
von Belüften auf Entlüften umgeschaltet.
Übungslage:
Im Gernsbacher Tunnel, ca. 800m nach dem Tunnelportal Nord, in Fahrtrichtung
Freudenstadt, kam es zu einem Zusammenstoß eines PKW und eines LKW. Im
PKW sind zwei Personen eingeschlossen. Im LKW ist der Beifahrer eingeschlossen.
Der LKW der Haushaltsabfälle geladen hat, geriet in Brand. Durch den Brand
kam es zu einer starken Verrauchung der Tunnelröhre. Durch Wendemanöver
im Tunnel kam es zu mehreren kleineren Unfällen, so das ein Ausfahren,
als auch ein Einfahren in den Tunnel nicht möglich ist. Zahlreiche Personen
verlassen den Tunnel über den Sicherheitstreppenraum, sowie die beiden
Tunnelportale. Im verrauchten Tunnel befinden sich noch Personen, die in Folge
der Flucht zu Fall gekommen sind und sich verletzt haben.
Anmerkung:
Um eine realistische Verrauchung des Tunnels darzustellen wurden drei Nebelmaschinen,
5 kg Rauchpulver und 4 Rauchpatronen verwendet.
Die ca. 90 Statisten und 10 Verletztendarsteller waren teilweise Angehörige
der Feuerwehren Gaggenau, Loffenau und Weisenbach. Auch viele Privatpersonen
die der Feuerwehr verbunden sind, haben sich für diese Aufgabe zur Verfügung
gestellt. Mit Kindern und ihren Privatfahrzeugen (ca. 30) haben sie mit Freude
zum Gelingen dieser Übung beigetragen. Den LKW hat uns dankenswerterweise
die Fa. Schumacher aus Gernsbach zur Verfügung gestellt.
Alarmierung:
Der Leiter der Feuerwehr löste den Übungsalarm um 21.00 Uhr durch
Drücken eines Druckknopfmelders aus.
Nach Alarm – und Ausrückeordnung wurde Vollalarm für alle
Abteilungen der Feuerwehr Gernsbach ausgelöst.
Im Realfall und nach Entscheidung des Einsatzleiters vor Ort, das die Lage
es erforderlich macht, den Einsatz nach dem „Alarm- und Gefahrenabwehrplan
Tunnel“ abzuarbeiten, wären die Feuerwehren Gaggenau (Abschnitt Tunnel
Nord), Weisenbach und Forbach (beide Abschnitt Tunnel Süd) in Bereitstellungsräume
und die Feuerwehr Loffenau zum sofortigen Einsatz zum Abschnitt Tunneltechnik
(Betriebsgebäude) alarmiert worden. Die Alarm – und Ausrückeordnung
sieht ebenfalls vor, die Feuerwehr Baden- Baden mit Regenarationsgeräten
(Abschnitt Tunnel Süd) und die Grubenwehr der Berufsfeuerwehr Pforzheim
(Abschnitt Tunnel Nord) anzufordern. Das Straßenbauamt Karlsruhe und die
Straßenmeisterei werden sofort nach Alarmierung der Einsätzkräfte
verständigt um den Tunnelwärter an die Einsatzstelle zu entsenden
bzw. die Absperrmassnahmen durchzuführen.
Die Rettungsleitstelle Bühl alarmiert den regulären Rettungsdienst,
die Ortsbereitschaft Gernsbach, die Kreisbereitschaft Rastatt mit den angeschlossenen
SEG´s und die Notärzte. Im Realfall und wenn es die Tageszeit erlauben
würde, würden auch Rettungshubschrauber alarmiert.
Das Polizeirevier Gaggenau entsendet alle verfügbaren Streifenwagen und
alarmiert ggf. eine Einsatzbereitschaft nach.
Einsatzablauf:
Beim Eintreffen des Einsatzleiters vom Dienst (EvD) der Feuerwehr Gernsbach
wurde eine starke Rauchentwicklung im Bereich des Tunnelportales Nord festgestellt.
Der EvD gab in seiner Lagemeldung die Anweisung die weitere Alarmierung und
Anfahrt nach „Alarm- und Gefahrenabwehrplan Tunnel“ durchzuführen.
Nach Gefahrenabwehrplan wurden drei Einsatzabschnitte gebildet.
Im Bereich Tunnelportal Nord wurde der Abschnitt „Tunnel Nord“
eingerichtet. Abschnittsleiter wurde der stellv. Kommandant der Feuerwehr Gernsbach,
Abschnittsführungsfahrzeug der ELW 1 der Abteilung Gernsbach. Die Fahrzeuge
und Mannschaft der Abteilungen Gernsbach und Staufenberg wurden in diesem Abschnitt
zur Menschenrettung und Brandbekämpfung eingesetzt. Der Abschnittsleiter
entschied das VLF/VRW in den Tunnel einfahren zu lassen um die Lage zu erkunden
(mit der Kenntnis, dass es eventuell zum Totalverlust des Fahrzeuges kommen
kann). Die Besatzung legte die Pressluftatmer (PA lang 2 x 300 bar x 6,8 l),
die im VLF/VRW ständig mitgeführt werden, an und fuhr in den Tunnel
ein. Weitere Einsatzkräfte gingen unter PA und der fahrbaren Tunneltrage
zu Fuß in den Tunnel ein. Dem VLF/VRW begegneten mehrere Personen die
zu Fuß den Tunnel verlassen wollten. Da keine größeren Verletzungen
festzustellen waren, wurden diese, den zu Fuß gehenden Einsatzkräften
übergeben, die die Personen ins Freie begleiteten. Das VLF/VRW fuhr bis
zur Unfallstelle vor und begann mit dem Befreien der eingeschlossenen Personen.
Die zu Fuß gehenden Einsatzkräfte begleiteten die restlichen, flüchtenden
Personen zum Tunnelportal Nord. Die Verletzten wurden gerettet und ebenfalls
zum Tunnelportal Nord gebracht, wo, sowohl die Unverletzten als auch die Verletzten,
vom Rettungsdienst übernommen wurden.
Der Rettungsdienst, die Ortsbereitschaft und die Kreisbereitschaft haben im
Bereich des Tunnelportals eine Verletztensammelstelle aufgebaut, wo alle Personen
gesichtet und registriert wurden. Die Verletzten wurden versorgt und in umliegende
Krankenhäuser transportiert, die Unverletzten wurden mit MTW´s der
Feuerwehr zur Hauptsammelstelle ins DRK - Haus des Ortsvereins Gernsbach transportiert.
Im Bereich Tunnelportal Süd wurde der Abschnitt „Tunnel Süd“
eingerichtet. Abschnittsleiter wurde der Abteilungskommandant der Abteilung
Obertsrot, Abschnittsführungsfahrzeug der MTW der Abteilung Obertsrot.
Die Fahrzeuge und Mannschaft der Abteilungen Obertsrot, Hilpertsau, Lautenbach
und Reichental wurden in diesem Abschnitt zur Menschenrettung und Brandbekämpfung
eingesetzt. Der Abschnittsleiter entschied mehrere Trupps unter PA zur Erkundung
in den Tunnel vorgehen zu lassen. Da in diesem Abschnitt keine „PA lang“
zur Verfügung stehen, wurde ein Einfahren von Fahrzeugen nicht in Erwägung
gezogen. Hauptaufgabe der Trupps war in diesem Abschnitt, die flüchtenden
Personen zum Tunnelportal zu begleiten und die Verletzten zu retten.
Auch im Bereich des Tunnelportals Süd hat der Rettungsdienst, die Ortsbereitschaft
und die Kreisbereitschaft eine Verletztensammelstelle aufgebaut, wo alle Personen
gesichtet und registriert wurden. Die Verletzten wurden versorgt und in umliegende
Krankenhäuser transportiert, die Unverletzten wurden mit MTW´s der
Feuerwehr zur Hauptsammelstelle ins DRK - Haus des Ortsvereins Gernsbach transportiert.
Im Bereich Betriebsgebäude wurde der Abschnitt „Technik“ eingerichtet.
Abschnittsleiter wurde ein Zugführer der Abteilung Gernsbach, der mit einer
weiteren Einsatzkraft vom ELW 1 der Abteilung Gernsbach dort abgesetzt wurde.
Aufgabe war, die Flüchtenden zu übernehmen und nach Eintreffen des
Rettungsdienstes diesen die Flüchtenden zu übergeben. Weiter Aufgabe
war die Verbindung zwischen Einsatzleitung und Tunnelwart. Im Realfall wären
die Fahrzeuge und Einsatzkräfte der Feuerwehr Loffenau dem Abschnittsleiter
unterstellt worden und hätten über den Sicherheitstreppenraum die
Menschenrettung und Brandbekämpfung vorgenommen.
Auch in diesem Abschnitt hat nach kurzer Zeit der Rettungsdienst, die Ortsbereitschaft
und die Kreisbereitschaft eine Verletztensammelstelle aufgebaut, wo alle Personen
gesichtet und registriert wurden. Die Verletzten wurden versorgt und in umliegende
Krankenhäuser transportiert, die Unverletzten wurden mit MTW´s der
Feuerwehr zur Hauptsammelstelle ins DRK - Haus des Ortsvereins Gernsbach transportiert.
Nach ca. 30 Minuten entschied der EvD die Einsatzleitung in den Stabsraum der,
in unmittelbarer Nähe zum Tunnelportal Nord liegenden, Feuerwache zu verlegen.
Die Einsatzleiter der verschiedenen Organisationen wurden hierüber informiert
und als Zeitpunkt 21:50 Uhr festgelegt. Um 22:00 Uhr konnte sich die Einsatzleitung
in der Feuerwache einsatzbereit melden. Die Abschnittsleiter wurden über
Funk aufgefordert, ihre Sprechfunkverbindung im 2 m – Bereich auf Kanal
31 und im 4 m – Bereich auf Kanal 382 W/O zu wechseln. Somit wurde die
Sprechfunkverbindung von der Führung zur Einsatzleitung kanalmäßig
vom Einsatzstellenfunk abgetrennt.
Der Fernmelderaum, der dem Stabsraum angegliedert ist, wurde mit 2 Fernmeldern
und 3 Boten besetzt. Die Einsatzleitung war mit dem EvD, dem Kreisbrandmeister,
zwei Beamten der Polizei, dem Hauptamtsleiter der Stadt Gernsbach und dem Bürgermeister
besetzt. Bis zum Übungsende gegen 23:00 Uhr wurde vom Stabsraum aus der
Einsatz geleitet.
Anmerkung:
Während der Übung kam es zu drei Realversorgungen von Übungsbeteiligten.
Zwei der Statisten und eine Einsatzkraft erlitten einen Kreislaufkollaps. Die
Verletzten wurden vom Rettungsdienst versorgt und erholten sich rasch wieder.
Ein junges Mädchen, welches als Statist an der Übung teilgenommen
hat, wurde während des Übungsverlaufes von ihrem Vater vermisst. Dank
der vorbildlichen Registrierung des Rettungsdienstes war schnell klar, dass
sich das Mädchen bereits im DRK –Haus befand.
Auswertung:
Eine Übung in dieser Größenordnung wurde zum ersten Mal im Landkreis
Rastatt durchgeführt. Vor diesem Hintergrund ist zu sagen, dass die Übung
gut abgelaufen ist. Naturgemäß sind kleinere und größere
Probleme aufgetaucht. Die Vertreter der einzelnen Hilfsorganisationen werden
sich in den nächsten Wochen treffen, um die Übung im Detail auszuwerten.
Die schon jetzt klar erkennbaren Probleme sind folgende:
- Die Feuerwehrabteilungen Oberstrot und Hilpertsau müssen mit PA lang
ausgestattet werden.
- Eine fahrbare Tunneltrage ist zu wenig. Die Tunneltragen sind nicht nur
zur Menschenrettung notwendig, sondern auch zum Transport von Einsatzmitteln.
Die Unterbringung dieser Tragen auf der Feuerwache ist nicht zweckmäßig.
Hier sollte in Absprache mit dem Straßenbauamt weitere Tragen beschafft
und geeignete Standorte gefunden werden.
- Da die Funkverbindung im 2 m – Bereich im Tunnel nur durch eine Funkstaffel
aufrechterhalten werden konnte, ist ein Einbau einer Funkschleife im 2 m –
Bereich notwendig. Im Bereich des 4 m – Bereiches ist diese Maßnahme
schon vollzogen.
- Den Abschnittsleiter „Technik“ nur beim Tunnelgebäude
abzusetzen hat sich nicht bewährt. Teilweise bekam er keine Funkverbindung
im 2 m – Bereich. Es ist auch notwendig, schon in der ersten Minute
einen Trupp unter PA in den Sicherheitstreppenraum vorgehen zu lassen um die
Lage zu erkunden. Die Alarm- und Ausrückeordnung wurde dahin gehend abgeändert,
dass das TLF 16/40-2 diesem Abschnitt zugeordnet wird. Der Fahrzeugführer
des TLF wird Abschnittsleiter.
- Der Fernmeldeplan ist bezüglich der Kanalzuweisung abzuändern.
Eine entsprechende Änderung ist in Bearbeitung.
- Die Einrichtung der Einsatzleitung war nicht reibungslos vonstatten gegangen
(kein Vertreter Rettungsdienst in der EL). Hier muss mit den Beteiligten gesprochen
und geübt werden.
Teilnehmende Organisationen:
- Feuerwehr Gernsbach mit den Abteilungen
Gernsbach, Hilpertsau, Lautenbach, Obertsrot, Reichental und Staufenberg
- Deutsches Rotes Kreuz mit der SEG Kreisverband,
SEG Murgtal, Bereitschaften Gaggenau, Ottenau, Gernsbach Forbach und dem Kreisauskunftsbüro
- Landespolizei mit dem Polizeiposten Gernsbach und
dem Polizeirevier Gaggenau
- Straßenbauamt
- Straßenmeisterei
- Landratsamt
- Stadt Gernsbach
Einsatzkräfte und Fahrzeuge:
Feuerwehr Gernsbach
122 Einsatzkräfte (1 EVD; 3 EAF; 118 Funktionspersonal)
17 Fahrzeuge (1 Kdow; 1 ELW 1; 1 VRW/VLF; 1 RW 2; 1 LF 16/12; 2 LF
8/6; 3 LF 8; 1 TLF 16/40-2; 1 TLF 8/18; 5 MTW)
DRK
101 Einsatzkräfte (1 Orgl; 1 KBL; 1 LNA; 2 NA; 96 Funktionspersonal)
20 Fahrzeuge (1 ELW; 2 RTW; 2 KTW; 1 KTW 4; 1 Arzttruppwagen; 9 MTW;
2 Gerätewagen; 1 PKW; 1 LKW und 2 Anhänger Technik)
Polizei
16 Einsatzkräfte (1 PvD; 15 Polizeibeamte)
7 Fahrzeuge
Straßenbauamt
2 Einsatzkräfte (1 Tunnelwart; 1 stellv. Tunnelwart)
1 Fahrzeug
Straßenmeisterei
8 Einsatzkräfte (2 Straßenmeister; 6 Straßenwärter)
3 Fahrzeuge (2 Unimog; 1 MTW und 3 Anhänger)
Landratsamt Rastatt wurde vertreten durch den Kreisbrandmeister
Stadt Gernsbach wurde vertreten durch den Bürgermeister
und den Hauptamtsleiter
Verfasser: Rüdiger Zimmermann (Leiter der
Feuerwehr)
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